Viktor Deni. Leben und Werk

1917 erklärte der Karikaturist Viktor Deni öffentlich, seine Kunst in den Dienst der Revolution zu stellen. Kurze Zeit später gehörte er bereits zur Riege der führenden Plakatsatiriker der Revolutionszeit.
Denis erste Plakate waren gelungene Übertragungen von Zeitungsgraphiken in das Medium des Plakats: "Entente unter der Friedensmaske" und "Lenin säubert die Erde vom Unrat" markieren die beiden Pole der Satire, deren Zwischentöne Deni professionell beherrschte: die vernichtende Groteske einerseits, augenzwinkernde Ironie andererseits. Diese enge Verbindung zur Zeitungsgraphik läßt sich auch in seinen späteren Werken ausmachen; viele seiner Plakate sind auf Plakatformat vergrößerte Karikatur geblieben (Die Getreidespinne).
Denis Satire zielte in erster Linie auf die Gegner der Revolution. Trotz gewisser Varianzen waren die einzelnen "Repräsentanten der Klassen" anhand ihrer wiederkehrenden Merkmale (Gesichts- und Körpermerkmale) klar wiederzuerkennen. Der Zylinder des Kapitalisten, die langen Haare und der dicke Bauch des Popen, die gierige Physiognomie eines bärtigen Kulaken, all diese visuellen Attribute sollten für Deni und das sowjetische Agitationsplakat typisch werden.
Der Porträtist Deni karikierte mit Vorliebe konkrete Personen, z.B. Kolčak, Denikin oder Vertreter der Entente. Deren Portraits gestaltete Deni verächtlich, sarkastisch und grotesk. Bei der Konzeption 'komischer' Situationen wird im Schaffen Denis der Einfluß des Lubok deutlich; der Lubok transportierte für den Künstler visuelle Chiffres, die die in der Bevölkerung verbreiteten Vorstellungen von Gut und Böse wiedergaben (Spinne, böser Hund). Oft wurden Denis Zeichnungen durch Gedichte des Dichters Demjan Bednyj kommentiert, mit dem Deni lange Zeit zusammenarbeitete.
Deni thematisierte aber auch nationale Katastrophen, das aus seiner Sicht von den Gegnern der Revolution verschuldete Leiden des Volkes. Um die politisch perspektivlose Lage der Konterrevolution zu verdeutlichen, stellte er dieser das Bild eines positiven Helden gegenüber. Diese pathetischen Plakate Denis stießen auf außergewöhnlich große politsche Resonanz. Die plakative Antithese "Entweder Tod dem Kapital oder Tod unter dem Joch des Kapitals" zeigte aus der Sicht der Partei ein Maximum an revolutionärer Gesinnung (V.Deni: Entweder Tod dem Kapital). Im Jahre 1923 schrieb hierzu die Pravda: "Deni fügte dem Feind unermüdlich treffsichere und harte Schläge zu. Den Feind lächerlich zu machen, heißt ihn zur Hälfte zu töten. Ihm seine erhabene Larve vom Gesicht zu reißen, sein abstoßendes Wesen bloßzulegen, und das alles so eindrücklich, daß buchstäblich jeder, der Augen hat, es ohne weitere Erklärungen versteht - das ist eine sehr schwierige Aufgabe, der nur ein Künstler vom Schlage Denis gewachsen ist". {Правда, 1923, N. 121, 3 июня}
Nach dem Bürgerkrieg wandte sich Deni wieder verstärkt der satirischen Zeitungsgraphik und der politischen Karikatur zu. Seine Arbeiten wurden regelmäßig in der Pravda und den Zeitschriften "Prožektor", "Krasnaja niva", "Krokodil" u.a. veröffentlicht. Ab Mitte der 20er Jahre erfolgte dann eine erneute Wende in Richtung Plakat, ohne jedoch seine Arbeit als Karikaturist aufzugeben. Jetzt standen jedoch Plakate mit pathetischer Dramatik im Zentrum seines Interesses. Im Auftrag des MOPR (Internationale Organisation zur Unterstützung der Revolutionskämpfer) entwarf Deni einige Plakate, die den "Gefangenen des Kapitals" gewidmet waren. Aber auch die "Feinde" der Revolution schonte Deni nicht. Er brandmarkte Profiteure der NEP, geißelte Kulaken (Stalins Pfeife), gestaltet Plakate zur Bekämpfung des Alkoholismus, reagierte auf die wichtigsten politischen Prozesse seiner Zeit (GPU. Blitz der Revolution, Einsatz der Interventen). Auch antiklerikale und antifaschistische Themen nahmen im Plakatschaffen Denis einen wichtigen Platz ein. Seine Stalinplakate wurden in großen Auflagen gedruckt (Unter dem Banner Lenins). Deni war damit Anfang der 30er Jahre der mit Abstand bedeutendste Plakatkünstler im Bereich Satire, ein Spezialist für sarkastisch-groteske Übertreibung, der mit seinen Plakaten Feindbilder entwickelt hatte, in denen die physische Vernichtung von tatsächlichen Regimegegnern, aber auch von Hunderttausenden Unschuldigen, vorweggenommen wurde.
Denis Plakate aus der Zeit des Großen Vaterländischen Krieges setzten diese Linie bruchlos fort. Das in den 30er Jahren noch recht abstrakte Bild des Faschismus erlangte zunehmend einen höheren Konkretheitsgrad. Der Künstler stellte den Feind als räuberisch, blutgierig, als letzlich jedoch dem Untergang geweiht dar, oft diente die Figur Hitlers als Personifikation des Faschismus. Bei der Demontage des Gegners verwendete Deni wieder das Verfahren des antithetischen Bildaufbaus (Nach Moskau: Hach). Traditionelle Symbole wie der einschlagende Blitz (Stalingrad), die rote Hand oder der rote Besen (Der Besen der Roten Armee) wurden ebenfalls wieder aufgegriffen. In der Regel besaßen Denis Kriegsplakate kein entwickeltes Sujet, dafür aber durchaus geistreiche Details.
Sein künstlerisches Selbstverständnis verdeutlicht folgendes Zitat: "Ich bin Künstler einer Großmacht und ein Künstler, der nicht rostet. Meinen Lebensatem habe ich dem Vaterland hingegeben" {Дени В. Мои мыслишки из записной книжки // Цит. по: Свиридова И. А. Виктор Николаевич Дени. М., 1978. С. 43}.