Die Stadt der Zukunft

Von der "Stadt der Zukunft" träumte bereits die Revolutionsgeneration. Dieser Traum blieb auf Plakaten jedoch relativ abstrakt: vor allem waren es Bilder einer Stadt im Licht der aufgehenden Sonne vor dem Hintergrund rauchender Schornsteine der Fabriken und Betriebe. Die Stadt war damit die Heimat der zivilisatorischen, aber auch politisch-ideologischen Utopie. Die Zukunft Sowjetrußlands wurde ausschließlich urban gedacht, das bäuerliche Rußland hingegen mit der alten, überworfenen Ordnung gleichgesetzt.
Man stellte sich die Stadt der Zukunft als geordnete Ansammlung sozial nützlicher Einrichtungen vor, als Ort einer neuen Zivilisation, in der alles rational strukturiert und menschlichen Bedürfnissen angepaßt war. Obwohl die graphische Darstellung dieses Topos relativ schwierig war, zeigten jedoch einige wenige Plakate, wie man sich diese Stadt vorzustellen hatte, so z.B. durch Arbeiterklubs, Schulen, Kinderkrippen. In der Zeit des Bürgerkrieges wurde die "Stadt" oft als "uneinnehmbare Festung" dargestellt, die es zu verteidigen galt.
Erst in den 1930er Jahren nahm das Bild der neuen (sozialistischen) Stadt konkrete Formen an. Nun sollten die Stadt-Visionen auf den Plakaten vor allem die Stalinschen Architekturpläne verbildlichen und propagieren. Neue Stadt- und Parklandschaften entstanden, innovative technische Projekte, wie z.B. die Moskauer Untergrundbahn, werden in die Präsentation einbezogen. Nach den 1930er Jahren wurde die 'neue Stadt' als Motiv jedoch immer seltener.
Erst in den 1960er Jahren wandte man sich neuen visuellen Konzeptionen der Stadt zu: nun sind es vor allem kommunistische Utopien, die der Stadt ein Gesicht verleihen. Das Stadtbild weist jetzt Elemente eines gewissen sozialen Wohlstands auf. Neue Wohnkomplexe, Geschäfte und Freizeiteinrichtungen werden in Plakaten besonders hervorgehoben.