Plakatkampagnen II: Soziale Hilfe und Unterstützung

Das karitative Thema, das eine bedeutende Rolle im vorrevolutionären Plakat gespielt hatte, setzte sich in den ersten Jahren nach 1917 fort, wenn auch nicht mehr in gleichem Maße. Offiziell war nun der Staat für die soziale Versorgung von Armen, Verwundeten, Waisen und Obdachlosen zuständig; in den Jahren des Bürgerkriegs und Wiederaufbaus fehlte es jedoch an Geldmitteln. Um die Öffentlichkeit auf diese Mißstände aufmerksam zu machen und die dringend benötigten Mittel zu sammeln, wurden regelmäßig Wohltätigkeitsveranstaltungen organisiert, wie z.B. der 'Tag des Zwiebacks', der 'Tag des verwundeten Rotarmisten', der 'Dreitägige Kampf gegen die Tuberkulose', die 'Woche zum Schutz von Mutter und Kind'; außerdem wurden Veranstaltungen durchgeführt, um Hilfsleistungen für die Front zu organisieren.
Dem Plakat kam dabei die Funktion zu, für diese Maßnahmen zu agitieren und zu werben. Welche Bedeutung dieser Aufgabe von politischer Seite beigemessen wurde, zeigen die Wettbewerbe für das beste karitative Plakat, die regelmäßig von staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen ins Leben gerufen wurden.
Ein bedeutendes Problem der Kriegs- und Nachkriegszeit war u.a. die Obdachlosigkeit. Das beste und auf dem einschlägigen Wettbewerb prämierte Plakat zu diesem Thema wurde von dem Künstler Frenc entworfen (R. Frenc, 6.000.000 Kinder ohne Schulbildung). Durch seine Farbgebung und Expressivität wurde das Plakat zu einem Zeitdokument, dessen Wirkung auch heute noch nachvollziehbar ist und das die Dramatik des sozialen Problems ebenso wie das Engagement des Künstlers nachempfinden läßt.