Stilkunde II: Der Russische Jugendstil

Die Künstler des Jugendstils, darunter auch des russischen, wandten sich in ihrer Suche nach neuen Bildern und Ausdrucksformen Vorlagen aus der Natur zu. Gerade dort, in Flora und Fauna, finden sie ihr Ideal verwirklicht, das ihren Ansprüchen an Eleganz und Schönheit der Formen, an Originalität der Ornamentik und raffinierte Gedämpftheit der Farben entgegenkam.
Auch die Welt der Druckgraphik wurde durch zahlreiche, dem Formenreichtum der Natur entnommene, vor allem florale Motive bereichert. Die Stilisierung dieser Welt bestimmte das Bildsystem und die Plastizität des Jugendstils, wobei die dynamisch geschwungene Linie die wichtigste Rolle spielte. Gerade im Plakat war sie von größter Bedeutung. Sie bestimmte die Plakatkomposition, indem sie flächige Ebenen teilte, Silhouetten geschlossener Räume bildete. Vor allem die Linie übernahm stilisierende Funktionen: sie modifizierte Formen alltäglicher, trivialer Gegenstände, wie Wolken, russische Pfannkuchen, Hufeisen, und 'veredelte' gleichsam dadurch diese Objekte, in dem sie diese in einer neuen unerwarteten und eleganten Form präsentierte.
Als weitere Quellen für die plastischen Konzepte des Jugendstils sind in erster Linie die orientalische Kunst und die japanische Zeichnung zu nennen, von der die westlichen Künstler und Graphiker, die farbverlaufsfreie Flächigkeit übernahmen. Die Farbfläche als wichtiges Ausdrucksmittel der Plakatsprache erhielt hiermit einen nachhaltigen Impuls.