1921. Kampf gegen die Religion und Verfolgung Andersdenkender

Die Gründung der "Tscheka", der "Außerordentlichen Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution und Sabotage", wie die politische Geheimpolizei ab Dezember 1917 genannt wurde, und die Einschränkung der Pressefreiheit offenbarten bereits unmittelbar nach der Revolution die repressiven Züge des neuen Regimes.
Zunächst galten die Aktivitäten der Tscheka, die durch den Altkommunisten und Leninvertrauten Feliks Dzeržinskij geleitet wurde, tatsächlichen und vermeintlichen Feinden der neuen Sowjetmacht. Der Aufstand der Matrosen von Kronstadt, die für demokratische Strukturen in Politik und Gesellschaft sowie Presse- und Meinungsfreiheit ("Räte ohne Sowjets") eintraten, wurde im März 1921 blutig niedergeschlagen. Fortan waren Andersdenkende und von der Parteilinie abweichende Genossen direkter Vefolgung und Unterdrückung ausgesetzt. Die bislang noch geduldeten Menschewiki und Sozialrevolutionäre wurden in ersten Schauprozessen eliminiert. Unter der Bezeichnung GPU bzw. OGPU besaß die Geheimpolizei ab 1922 den Rang eines Ministeriums.
Mit der Gründung der Sowjetunion im gleichen Jahr setzte auch der systematische Kampf gegen Kirche und Religion ein. Unter Parolen der atheistischen Ideologie des Marxismus, wonach Religion 'Opium für das Volk' war und die Kirche als Stützpfeiler der alten Ordnung galt, wurden Repressionen gegen Klerus und Kirche mit äußerster Schärfe geführt, Kirchenschätze zur Sanierung des Staatshaushaltes und zur Finanzierung der Roten Armee rücksichtslos geplündert.
Tausende von Kirchen wurden zerstört oder in Profanbauten (Arbeiterklubs, Lagerhallen etc.) umgewandelt, jahrhundertealtes kulturelles Erbe auf diese Weise vernichtet. Im 'Bund der Gottlosen', wie die Kampforganisation der atheistischen Propaganda unter ihrem Führer Emeljan Jaroslawskij hieß, konzentrierten sich die Aktivitäten: auf Plakaten und in Zeitschriften wurde immer wieder zum Bruch mit der Religion und ihren Traditionen aufgefordert, Kirchen wurden säkularisiert, die Geistlichkeit aktiv durch die Organe der Tscheka oder der GPU verfolgt.
Obwohl in der Sowjetunion nicht alle religiösen und kirchlichen Strukturen zerstört wurden, so war deren gesellschaftlicher Einfluß nach dieser ersten Phase der Unterdrückung doch äußerst gering. Religiöse Überzeugungen und Traditionen wurden schon nicht mehr von einer Generation in die nächste weitergetragen, christliche Werte vielmehr durch die kommunistische Ideologie verdrängt. In der Zeit des Zweiten Weltkriegs wurde die Bedeutung der Religion vorübergehend stärker betont, um aus den noch vorhandenen religiösen Überzeugungen eine zusätzliche Motivation bei der Landesverteidigung zu erzielen. Eine mit patriotischen Werten operierende Propaganda setzte in dieser Zeit ebenfalls kurzfristig auf den kulturgeschichtlichen Wert religiöser Traditionen.